Kochen ohne Kohle: Himmlische »Mormonenkartoffeln« – amerikanisches Comfort-Food für 1,20 Euro (2024)

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Was bringt man mit, wenn man zu einer Trauerfeier eingeladen ist? Mit leeren Händen will man nicht vor der Tür stehen, gleichzeitig ist (außer bei großen Erbschaften ) meist keine Partystimmung angesagt, sodass man nicht einfach eine verlegene Flasche Schnaps mitbringen kann. Blumen haben Trauernde auch schon genug, außerdem führen ihnen die verwelkenden Blüten noch einmal die Vergänglichkeit des Lebens vor Augen. Was also tun, um Kondolenz auszudrücken? In den USA ist es in vielen Gegenden Brauch, zu Trauerfeiern Essen mitzubringen. Idealerweise etwas Herzhaftes.Und viel davon, gern in einer Auflaufform und fertig oder fast fertig gebacken.

Das erfüllt gleich mehrere Zwecke: Erstens bringt gutes Essen Menschen zusammen und löst positive Gefühle aus. Zweitens haben Trauernde in den Wochen rund um ihren Verlust oft so viel Papierkram und Bürokratie vor sich, dass sie kaum zum Planen und erst recht nicht zum Kochen kommen –ein paar Aufläufe für den Kühlschrank und die Tiefkühltruhe sind da wahre Lebensretter. So hat man drittens als Gast das Gefühl, tatsächlich geholfen zu haben.

»Kochen ohne Kohle«

Bafög oder Azubi-Gehalt sind schon wieder fast aufgebraucht? Der Obstkorb beim unbezahlten Agenturpraktikum war geräubert? Und bitte nicht schon wieder Pizzatoast? Alles kein Problem: In dieser Kolumne zeigt SPIEGEL-Redakteur und Hobbykoch Sebastian Maas, wie man trotz Flaute auf dem Konto leckere und besondere Gerichte zaubern kann. Dabei gibt es nur zwei Regeln:

  • Eine Portion darf maximal so viel kosten wie ein Essen in der Mensa, also drei Euro.

  • Teure Spezialgeräte sind tabu.

Alle Rezepte

In der Mitte der USA ist vor allem ein Gericht bei Beerdigungen so gängig, dass es diese sogar im Namen trägt: »Funeral Potatoes«, also Begräbniskartoffeln, manchmal auch »mormonische Kartoffeln«genannt, weil in dieser Gegend so viele Mormonen leben. Das Rezept ist eine Abwandlung des klassischen Kartoffelgratins, allerdings werden keine Kartoffelscheiben, sondern Raspeln verwendet. Käse ist auch drin, er wird aber nicht zum Gratinieren genutzt, sondern unter die Kartoffeln gemischt und das ganze dann mit Brotkrumen, Cornflakes oder sogar Kartoffelchips überbacken. Es ist ein »Was-man-eben-da-hat-Gericht«.

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Die US-Amerikaner begraben die Kartoffeln in diesem Rezept gern unter einem halben Kilo Sour Cream, sehr viel Butter und dazu noch einer sahnelastigen Hühnercremesuppe aus der Dose. Ich mache heute eine abgewandelte Version mit Hüttenkäse und selbst gemachter Maiscreme, weil ich nach dem Essen nicht meine eigene Beerdigung feiern möchte.

Allerdings kann ich verstehen, wenn man im Trauerfall, an Feiertagen oder einfach an einem regulären Mittwoch nach der Arbeit auf Kalorien pfeifen möchte. Wer mag, kann seine Funeral Potatoes also auch mit Instantprodukten wie Brokkolicremesuppe oder Pilzcremesuppe aufpeppen. Oder die Menge an Käse, Sahne und Butter nach oben justieren. Da das im US-Original auch so gemacht wird, kann man der Tradition die Schuld geben.

Das Ergebnis wird in jedem Fall ein sättigender, sämig-käsiger Kartoffelauflauf mit einer crunchy Decke obendrauf. Perfekt für große Feiern und Buffets, auch ohne traurigen Anlass. Beim in dieser Woche gefeierten Thanksgiving wird der Auflauf auch auf vielen Tafeln stehen. Tatsächlich ist das Gericht so populär, dass Touristen bei den Olympischen Winterspielen 2002 in Salt Lake City einen Anstecker mit dem olympischen Logo auf einer Auflaufform voll Funeral Potatoes kaufen konnten.

Das benötigt man für sechs Portionen Funeral Potatoes

Kochen ohne Kohle: Himmlische »Mormonenkartoffeln« – amerikanisches Comfort-Food für 1,20 Euro (5)
  • 1 kg Kartoffeln (vorwiegend festkochend oder mehligkochend) oder Süßkartoffeln oder ein Mix aus beidem

  • 150 bis 200 g geraspelter Käse (zum Beispiel Cheddar oder Mozzarella)

  • 150 bis 200 g Hüttenkäse

  • 1 Dose Mais und 250 ml Milch, püriert (alternativ: Cremesuppen aus der Dose oder Tüte, etwa mit Pilzen oder Brokkoli)

  • 1 Zwiebel oder 3 Schalotten

  • 2 Tassen Cornflakes, zerbröselt

  • Etwas Butter

  • Kräuter zum Garnieren, etwa Schnittlauch oder Petersilie

  • Salz, Pfeffer, Muskatnuss, weitere Kräuter und Gewürze nach Geschmack

  • ggf. Speisestärke oder Mehl zum Abbinden

Was kostet das? Ich habe 7,20 Euro für alles zusammen bezahlt, das macht 1,20 pro Portion.
Wie lange dauert das? Etwa 60 Minuten

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Kochen ohne Kohle: Himmlische »Mormonenkartoffeln« – amerikanisches Comfort-Food für 1,20 Euro (6)

Sebastian Maas

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So einfach macht man Funeral Potatoes

  • Die Kartoffeln schälen und mit einer Vierkantreibe oder einer Küchenmaschine direkt in die Auflaufform raspeln. So kann man sich nicht mit der Menge verschätzen. Leicht salzen, etwas mit der Hand auspressen und austretende Flüssigkeit abgießen.

  • Die Zwiebel/Schalotten schälen und fein hacken. Zu den Kartoffeln geben.

  • Den Mais in der Milch pürieren, mit Küchenmaschine oder Pürierstab. Alternativ hier nicht erhitzte Instantsuppe zugeben – bei Tütensuppen bloß mit etwas weniger Flüssigkeit, damit der Auflauf nicht wegschwimmt. Die entstandene Creme über die Kartoffeln gießen.

  • Den Käse und Hüttenkäse zu den Kartoffeln geben. Alles gut durchrühren.

  • Die Masse mit reichlich Salz, Pfeffer und Muskatnuss (und optional anderen Lieblingsgewürzen und -kräutern) würzen.

  • Zunächst etwa 30 Minuten backen, auf 190 Grad Ober-/Unterhitze. Dann probieren und nachwürzen. Je nach Kartoffelsorte kann es schon angenehm cremig und fast fertig sein – oder die Raspeln sind noch sehr fest und es hat sich vielleicht sogar viel Feuchtigkeit in der Form gebildet. Im ersten Fall den nächsten Schritt überspringen.

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  • Im zweiten Fall etwas Speisestärke oder Mehl mit sehr wenig kaltem Wasser vermischen und unter die Kartoffeln rühren. Noch einmal 15 Minuten backen. Wenn es nicht besser wird, diesen Schritt wiederholen.

  • Die Cornflakes über den Auflauf bröseln, ein paar Butterflocken obendrauf geben und noch einmal zehn Minuten backen.

  • Aus dem Ofen holen, mit den Kräutern und nach Geschmack mit etwas saurer Sahne garnieren.

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Die »Unter-die-Erd-Äpfel« können einfach vorbereitet werden, etwa indem man die letzten beiden Schritte auslässt und sie bis zur Verwendung im Kühlschrank aufbewahrt – etwa für Feiertage wie Weihnachten. Den abgekühlten Auflauf dann einfach 20 statt der angegebenen zehn Minuten fertig backen. Genauso gut können die Potatoes mitsamt der Form eingefroren und wieder aufgebacken werden, ohne Vorheizen. Und es ist praktisch unmöglich, sie zu überbacken – also können sie einfach morgen wieder in den Ofen. Und übermorgen noch mal in die Mikrowelle, wenn man alle sechs Portionen für sich selbst gemacht hat.

Ich wünsche guten Appetit!

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Author: Chrissy Homenick

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